Streiflicht auf die Geschichte
Den historischen Hintergrund der Gesellschaft zu Fraumünster bildet die Zürcher Fraumünster-Abtei, welche im Jahre 853 von König Ludwig dem Deutschen gegründet wurde und bis 1524 bestand.
Die Äbtissinnen der Fraumünster-Abtei galten über Jahrhunderte hinweg als Reichsfürstinnen und Stadtherrinnen von Zürich. Sie übten nachweislich alle wichtigen Hoheitsrechte aus und prägten die Limmatstadt in kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich mit.
Die Gesellschaft zu Fraumünster hat sich zum Ziel gesetzt, die faszinierende Geschichte der Fraumünster-Abtei einer breiten Zürcher Öffentlichkeit nahe zu bringen. Sie möchte das Andenken an die ehrwürdigen Äbtissinnen der Fraumünster-Abtei und an weitere historische Frauen-Persönlichkeiten von Zürich wach halten und pflegen.
Lesen Sie dazu auch unter den Rubriken: Frauenehrungen und Zürcher Ehrenbuch für Frauen
Zürich mitten im Reich von Karl des Grossen
Zu Beginn des 9. Jahrhunderts war Zürich ein kleiner Ort in der Mitte des Reichs Karls des Grossen. Anno 843 teilten seine drei Enkel im Vertrag von Verdun das Karolingerreich in drei Teile: Zürich kam dabei zum ostfränkischen Reich Ludwigs des Deutschen und gewann damit an Bedeutung, denn der ehemals in der Reichsmitte gelegene Flecken bildete nun plötzlich die Grenze des Reiches.
Um diese zu festigen, beauftragte König Ludwig der Deutsche seine Tochter Hildegard (und später, nach deren Tod, seine Tochter Berta), in Zürich eine Frauen-Abtei zu errichten und diese als Laienäbtissin, de facto jedoch als seine weltliche Statthalterin, zu leiten. So wurde die Fraumünster-Abtei gegründet. Durch diese Art der Grenzfestigung verhinderte der König gleichzeitig Erbteilungen, Streitigkeiten und Gebietsverluste, die er durch Heirat seiner Töchter hätte in Kauf nehmen müssen.
Im Bestreben, die Machtposition der Fraumünster-Abtei zu stärken, überschrieb er ihr am 21. Juli 853 urkundlich den gesamten Königshof Zürich, dazu den Albisforst, das Land Uri und später den Königshof Cham. Zudem versah er die Äbtissin und ihre Gemeinschaft mit königlicher Immunität. Das Leben im Kloster richtete sich nach den benediktinischen Ordensregeln.
Nebst ihren kirchlichen und weltlichen Aufgaben förderte die Fraumünster-Abtei auch das kulturelle Leben.
Sie engagierte sich in der Bildung, führte eine Schule und machte sich stark im Sozialwesen. Sie verwaltete erfolgreich landwirtschaftliche Höfe. Anlässlich des Rapperswiler Handels gab sie den zwei in der Stadt Zürich zurückgebliebenen Zunftmeistern und dem Constaffelherrn Asyl. Die anderen Zunftmeister mussten nach Rapperswil fliehen, weil sie politisch lieber zum Österreichischen Reich gehören wollten, da gab es nämlich Sold aus Fremden Diensten.
1524 schloss sich die Äbtissin Katharina von Zimmern der Reformation unter Ulrich Zwingli an und übergab am 7. Dezember die Schlüssel der Abtei und seiner Güter der Stadt Zürich. Die Abtei wurde aufgehoben.
Elisabeth von Wetzikon
Mit der Äbtissin Elisabeth von Wetzikon 1235 – 1298, erreicht die die Geschichte der Abtei Zürich einen, wenn nicht den Höhepunkt. Schiller preist sie in seinem Wilhelm Tell als „die Grosse Frau von Zürich, der Minnesänger Hadlaub besingt sie als „Fürstin von Zürich, viel sälig möge si syn“. Elisabeth von Wetzikon ist es in Gemeinschaft mit bedeutenden Männern wie den Rittern und Chorherren Manesse gelungen, aus Zürich eine Stätte hoher Kultur, der Kunst wie der Dichtung zu machen.
Als im Jahr 1953 die Stadt Zürich das 1100-jährige Bestehen des Fraumünsters feierte, tauchte der Name Elisabeth von Wetzikon aus dem Dunkel der Vergangenheit auf. In der Jubiläumsfestschrift, die der Entwicklung und dem Bau des Fraumünsters gewidmet war, wir Elisabeth von Wetzikon als die bedeutendste Äbtissin, welche je an der Spitze des Konvents gestanden hatte, bezeichnet.
Die letzte Äbtissin
Katharina von Zimmern, wurde 1478 als Tochter des Johannes Werner von Zimmern, in Meßkirch/D geboren. Als der Vater in Folge der Werdenbergfehde in die Schweiz fliehen musste, wurden die Töchter in Zürich zur Versorgung im Fraumünsterkloster untergebracht. 1494 legte Katharina zusammen mit ihrer Schwester Anna die Gelübde ab. 1496 wurde sie als Achtzehnjährige Äbtissin und kam damit in den Rang einer Reichsfürstin. Was sie in der Zeit in Zürich miterlebte, muss sie immer unter zwei Aspekten wahrgenommen haben: als geistliche Amtsperson und als standesbewusste Edelfrau. Sie war ohne Zweifel sehr gebildet.
Als Angehörige der obersten Gesellschaftsschicht war Katharina von Zimmern von manchen Bestimmungen befreit. Sie hielt sich oft nicht im Fraumünster auf. Sie reiste auf Verwandtenbesuch, empfing ihrerseits Besuche und hielt sich Reitpferde. Gleichzeitig nahm sie wohl als Äbtissin ihre religiösen Pflichten im Gottesdienst, in der Führung der Abtei und in ihrem persönlichen Verhalten sehr ernst. So konnte sie über mehr als 20 Jahre hin den Respekt der Zürcher Bürgerschaft uneingeschränkt bewahren.
Ihre repräsentativen Räume zeigen auf, dass sie für Besucher zur Verfügung stehen musste. So war z.B. der Bischof von Konstanz ihr Gast, wenn er sich in Zürich aufhielt. Heute sind ihre Stuben im Landesmuseum in Zürich zu sehen, dabei fallen die Friese in Flachschnitzerei besonders auf. Die Friese zeigen den freien Umgang mit Bildmotiven aus christlicher und antiker Tradition, der Katharina von Zimmern entsprochen haben muss. Zusätzlich gibt es Deckenfriese mit Spruchbändern, auf welchen man folgendes lesen kann:
Reden ist gut, wenn man es rechtmässig tut, Schweigen ist eine Kunst. Zuviel Schwatzen macht unbeliebt. Wer nicht gut reden kann, der schweige besser.
Gewalt und Begünstigung ihr versteht euer Handwerk, so dass das Recht euch dienen muss
Wer Frauen verleumdet, weiss nicht, was seine Mutter tat
Mit der Machtablösung des Adels durch die aus ihrem Handwerk reich und stark gewordene Bürgerschaft verlor auch die Fraumünster-Abtei im 14. Jahrhundert zunehmend an Einfluss. Im Zuge der Reformation wurde sie schliesslich aufgelöst. 1524 übergab Katharina von Zimmern das Fraumünster samt allen Rechten, Gütern und Dokumenten freiwillig dem Rat der Stadt Zürich.
Die Stadt vor Unruhe und Ungemach bewahren und tun, was Zürich lieb und dienlich ist
so schrieb sie dazu. Heute steht am Ort ihres Wirkens im Kreuzgang des Fraumünsters ein Denkmal.
Katharina heiratete 1525 Eberhard von Reischach. Einige Jahre lebten sie in Schaffhausen und Diessenhofen, 1529 kehrten sie nach Zürich zurück. Eberhard von Reischach fiel 1531 im Zweiten Kappelerkrieg. Als Witwe lebte sie mit ihrer Tochter von 1540 bis 1547 im heute noch erhaltenen Haus zum Mohrenkopf am Neumarkt 13 in Zürich.
Gründung
Die Gründungslegende des Fraumünsters besagt, dass Hildegard und Berta, zwei Töchter König Ludwigs des Deutschen, in einsamer Zurückgezogenheit auf der Burg Baldern auf dem Albis lebten, um ihr Leben ganz dem Dienste Gottes zu widmen. Wiederholt wanderten sie in die benachbarte Stadt und verrichteten in der Kapelle von Felix und Regula ihre Andacht. Gott war den beiden frommen Schwestern gnädig und sandte ihnen einen schönen, weissen Hirsch mit brennenden Lichtern auf seinem Geweih, damit er ihnen den Weg durch den dunklen Wald weise.
Da der Hirsch immer wieder an der selben Stelle vor der Limmat stehen blieb und nicht zu bewegen war, weiter zu schreiten, erkannten die frommen Schwestern, dass es der Wille Gottes sei, an diesem Ort ein Gotteshaus zu errichten. Sie unterbreiteten ihren Wunsch dem König, ihrem Vater, der ihnen gerne willfahrte.
Dem neuen Kloster, das den benediktinischen Regeln unterstellt und mit Gütern reich ausgestattet wurde, stand zunächst Hildegard und nach ihrem frühen Tod ihre jüngere Schwester Berta als Äbtissin vor.
(Quelle: Stadtarchiv de Stadt Zürich, Drittes Heft, 1951)
Die mittelalterlichen Wandmalereien der Gründungslegende des Fraumünsters befanden sich im Innern des Querschiffs über den Grabnischen der ersten Äbtissinnen Hildegard und Berta. Das Original wurde in der Reformationszeit übertüncht. Ferdinand Keller legte es 1847 wieder frei und liess es von Franz Hegi aquarellieren. Auch dieses Gemälde wurde später wieder übertüncht. Bei der neuesten Renovation im Jahre 2006/7 wurde eine problematische filmbildende Latexfarbe wieder entfernt, die von der Renovation von 1979 stammte. Dabei konnten die noch bestehenden mittelalterlichen Decken- und Wandmalereien untersucht und konserviert werden.